dridde bloggt. manchmal.

Star Citizen

Heute flog ein Link an mir vorbei der mich ein wenig den Kopf schütteln ließ. Star Citizen generiert $1,3 Mio Umsatz an einem Wochenende, nachdem neue Schiffe kaufbar wurden.

Ich crowdfunde ziemlich oft Kram; primär Indiegames oder “irgendwas mit Medien”. Als ich zu Beginn der Kampagne von Star Citizen erfahren habe, war ich begeistert. Ich habe früher Stundenlang Privateer II und Wing Commander gespielt und freute mich drauf auf etwas, das dieses Genre wiederbelebt. Ich bin also einer der Unterstützer geworden und habe das kleinste Paket, in dem das fertige Spiel enthalten ist, ein kleines Schiff für den Multiplayer-Modus inklusive. Zwischenzeitlich habe ich noch ein bisschen Zeug für die Optik und den Hangar bekommen “weil ich schon so lange Unterstützer bin” aber da war es. Ich habe auch nicht vor noch mehr Geld zu investieren.

Zusätzlich muss ich sagen, dass ich ein Crowdfunder vom Typ “mir doch egal” bin. Ich sehe die Vision, finde diese unterstützenswert, gebe was dazu und freue mich, wenn’s fertig wird. Dabei preise ich für mich immer schon ein, dass mich das Endergebnis enttäuschen könnte. Vielleicht, weil ich es nicht verstanden habe, weil die Vision der Macher sich geändert hat oder warum auch immer. Was ich nicht tue ist, mich aktiv in den sich bildenden Communities einbringen. Ich habe oft keine Lust und keine Zeit dafür und war daher nie ein Community-Mensch und in Foren aktiv. Hauptsächlich halte ich mich aber nicht für einen guten Game Designer. Und auch die Schwarmintelligenz einer Community ist erst einmal kein Garant für Game-Design-Kompetenz. Nur weil etwas cool ist oder die Community dieses oder jenes Feature will, wird das Spiel dadurch nicht besser. Von daher, hier habt ihr mein Geld, macht damit, was euch vorschwebt und sagt am Ende bescheid. Ich komm dann gucken.

Für viele Indiegames funktioniert das erstaunlich gut. Die, die interagieren wollen, können sich daran beteiligen, alle anderen bekommen gelegentlich ein “Wir leben noch”-Update per Mail.

CS_STAR_CITZ_Steel_Style

Bei Star Citizen ist das anders. Es wurde robertspaceindustries.com eingerichtet, ein Communityportal mit der Möglichkeit, auch weiterhin beim Crowdfunden einzusteigen oder die bisherige Unterstützung aufzustocken. Primär geht das über Goodies und eben Schiffe, die man kaufen kann und später von Anfang an im Spiel besitzen wird. Das klingt erst einmal nicht verkehrt, wird aber an der Stelle absurd, wenn man sieht, dass die Schiffspreise aktuell $400 erreichen und noch größere und teurere Schiffe kommen werden. Man wird ständig mit Häppchen und wöchentlichen Emails gefüttert und ein “haben wollen Reflex” getriggert. Irgendwann gibt es dann noch bessere Schiffe oder einfach eine stärkere Variante und die müsste man ja eigentlich… es fühlt sich zumindest für mich wie ein gemolken werden an. Es werden kaum neue Kunden oder Unterstützer gesammelt sondern die vorhandenen mit immer neuen Kaufanreizen gemolken. “Wir haben das Dogfight Modul fertig. Oh, aber du hast gar kein Golden Token. Aber du kannst $5 zahlen, dann darfst du es auch ausprobieren.”

Es gibt einige Leute, die inzwischen mehr als 1000 Dollar in Star Citizen investiert haben. Eine absurde Summe für ein Spiel, das es noch nicht einmal komplett gibt und hauptsächlich von der Reputation des Projektleiters lebt. Vor gut 9 Monaten las ich, was jemand über die daraus resultierenden Erwartungshaltungen schrieb, und dass diese nur schwer nicht enttäuscht werden können. In den Kommentaren erhielt er dafür nicht allzu viel Zuspruch. Ich kann den Standpunkt aber verstehen und teile ihn. Selbst wenn der MMO Teil von Star Citizen die Leute fesselt, hinterher alles gut ausbalanciert ist und die Schiffe kein Pay2Win-Gameplay bedeuten (man soll viele der Schiffe auch im Spiel durch Ingame-Währung erwerben können, diese haben aber keine Versicherung gegen Verlust. Frühe Unterstützer bekommen für früh gekaufte Schiffe eine Schiffsversicherung auf Lebenszeit), müsste man schon viel und intensiv spielen um einen angemessenen Gegenwert für mehrere Hundert Dollar zu bekommen. Und andere Spieler müssen auch genug Motivation für das Spiel haben um die Welt zu beleben und ggf PvP-Feinde darzustellen.

Aktuell wurden von 526.063 Leuten $51.151.712 bezahlt, d.h. im Schnitt hat jeder Unterstützer 97,23€ ausgegeben. Ziemlich viel für die Hoffnung auf ein cooles Spiel. Die Gesamtsumme ist zwar nichts, im Vergleich zu aktuellen AAA Titeln, aber z.B. Wing Commander 4 hatte 1994 auch nur $12 Mio als Budget. Ich bin gespannt, ob Chris Roberts der Erwartungshaltung gerecht werden kann.

Derweil freue ich mich auf Squadron 42, den Single-Player Part von Star Citizen, von dem man so gut wie gar nichts hört.

Das Ende der demokratschen Wahl

Der Tagesspiegel schreibt gerade das Ende der demokatischen Wahl herbei, weil die Briefwahl unser aller Ende sein wird.

Ich halte das ja für ziemlichen Blödsinn.
Einerseits wird Dramatisch darauf verwiesen, dass der Anteil der Briefwähler in 1957 bei 4,9 und 2009 bei 21,4% lag. Der Vergleich hinkt, weil 1957 das erste mal Briefwahl zulässig war, sie aber noch begründet werden musste. Ohne die Pflicht zur Begründung wären es damals vielleicht auch viel mehr Menschen gewesen. Die Gesamtwahlbeteiligung lag 1957 bei 87,8% mit gut 31,1Mio Wählern. 2009 lag die Wahlbeteiligung bei 70,8% mit gut 44Mio Wählern. Macht 1957 absolut ca. 1,5 und 2009 ca. 9,4Mio Briefwähler. Damit hat sich die absolute Zahl etwas mehr als versechfacht, der Anteil vervierfacht.

Dann kommen die Kritikpunkte.
Die Spaßgesellschaft ist schuld. Schuld daran, dass wir lieber Sonntags ausschlafen oder Wegfahren oder im Urlaub sind, statt ins Wahllokal zu gehen. Dass ein Urlaub durchaus ein valider Grund ist oder ein “nicht in der Nähe des Wahllokals sein” Ursachen wie Fernbeziehungen oder Pendeln, schlicht, die immer wieder geforderte Mobilitätsbereitschaft haben kann, kommt gar nicht in Betracht.
Dann wird konstruiert, dass die Briefwahl eben die Wahlgrundsätze kaputt macht. Weil eben nicht alle Wähler gleich informiert sind. (Spoiler, die Briefwähler sind potentiell schlechter informiert) Das ist eigentlich nicht wirklich ein Problem, die Briefwählerin verzichtet ja freiwillig auf dieses Privileg, sich den Politzirkus bis zum Wahltag anzusehen. Sie kann den Wahlbrief auch erst am Freitag vor der Wahl ausfüllen oder falls sie wirklich zu gebrechlich ist, einer Vertrauensperson mitgeben, die ihn am Wahltag ins Wahllokal bringt. Das ganze wird dann noch mit Ereignissen der letzten Wochen begründet. Aber mal ehrlich, wer davon ausgeht, dass aktuelle Ereignisse wie drohende Kriege im Nahen Osten oder Stinkefingerfotos wirklich Wahlentscheidungen von Menschen massiv beeinflussen, der hat auch ein eingeschränktes Demokratieverständnis. Snowden und die NSA (klingt ein wenig wie ein Kinderbuchtitel), das scheint für die meisten Wähler wohl auch nicht relevant zu sein. Die zaghafte Debatte ist da, aber in den Umfragen hat sie eben keinen wirklichen Einfluss gehabt. Außerdem haben die Parteien und Kandidaten absolut keinen Anspruch auf die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Wahlberechtigten bis zur letzten Minute vor dem Wahltag.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat ja eben *kein* Problem damit, dass es die Briefwahl gibt und sieht es als wichtiges Partizipationsmittel.
Der einzig valide Kritikpunkt ist die leichtere Manipulierbarkeit. Aber wenn man die Integrität der Postbediensteten, Wahlhelfer und Bürgeramtsmitarbeiter anzweifelt, der kann genauso wenig vertrauen in die eigentlichen Auszählergebnisse haben. Auch zu denen sind Manipulationsversuche aktenkundig.

Ich finde Briefwahl richtig und wichtig, sie ermöglicht mir (Spaßgesellschafter, der ich scheinbar bin) flexiblere Lebensgestaltung, mich vorher schon aus dem Wahlkampf auszuklinken und trotzdem am demokratischen Leben zu partizipieren. Ich habe auch genug vertrauen in die Post, den Wahlbrief ins Bürgeramt zu bringen (bzw habe ich den selbst dort eingeworfen, deren Briefkasten ist nur 50m weiter weg als der gelbe von der Post) und bin auch davon überzeugt, dass der korrekt am Wahltag mitgezählt wird. Ich glaube auch trotzdem eine informierte Wahl getroffen zu haben, die meinem politischen Willen entspricht. Ohne Stinkefinger und Krieg.