dridde bloggt. manchmal.

Alkohol am Lenker…

Spiegel Online berichtet gerade von der Innenministerkonferenz, dort wird vorgeschlagen, die “Promillegrenze” für Radfahrer von derzeit 1,6‰ zu senken. Auf konkrete Zahlen wollte sich dabei scheinbar niemand festlegen. Es wird argumentiert, dass nach ADFC-Angaben im Jahr 2011 genau 3725 Radfahrer unter Alkoholeinfluss verunfallt sind. Das sind knapp 5% aller Unfälle. Wobei zumindest die im Artikel genannte Aufstellung keine Aussage zu den Verursachern oder der Alkoholmenge zulässt. Wenn ein verkehrsgefährdendes Verhalten vorliegt gilt für Radfahrer aktuell auch schon die für Autofahrer gültige Grenze von 0,3‰.

In der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung findet man etwas mehr Zahlenwerk. Das reicht zwar nur bis 2010, aber da erfährt man z.B. dass die Zahl der verunglückten Radfahrer und auch der tödlich Verunglückten zuletzte leicht zurückging und dass nur in etwas mehr als 1/3 der Fälle der Radfahrer der Verursacher ist.
Auf Seite 10 wird es dann interessant, denn da kommen ein paar Zahlen zu Eintragungen ins Verkehrszentralregister. Im Jahr 2011 gab es 40623 Eintragungen, von denen 9229 etwas mit Drogen oder Alkohol zu tun hatten. Das heißt im Falle von Alkohol, jemand wurde mit mehr als 1,6‰ oder 0,3‰ und Unfallbeteiligung von der Polizei gestoppt. Rotlichtverstöße aller Art von Radfahren kommen dabei summiert auf 28309 Eintragungen. (hui, zwei davon sind von mir). Betrunkene Radfahrer scheinen also ein ernstes Massenphänomen zu sein, bei dem unbedingt Handlungsbedarf besteht.

Gut, jeder verunglückte Verkehrsteilnehmer ist einer zu viel, aber im Prinzip kann man eigentlich sagen, jeder Betrunkene, der nicht Auto fährt ist schon einmal ein Gewinn. Sicher gefährdet ein Betrunkener auf dem Rad sich selbst und auch andere, aber ab einem gewissen Promillewert hat sich das mit dem Rad fahren eh von allein erledigt, er ist langsamer und hat weniger kinetische Energie bei Kollisionen. Wenn nun die Grenze sinkt und die Strafen sich denen für’s betrunken Auto fahren angleichen, dann wird sich die Zahl der Trunkenheitsfahrten mit Autos wieder erhöhen. Ist viel bequemer, man kann nicht umfallen und muss sich nicht anstrengen und wenn einen dabei eine ähnliche Strafe wie auf dem Rad erwartet… Der ADFC schlägt 1,1‰ als neuen Grenzwert vor, das wäre noch deutlich mehr als mit dem Auto, aber im Zweifel sollte man dann doch das Taxi oder die Öffis nehmen. Da könnte ich mit leben, aber ich bin auch aus dem gröbsten raus, was Besaufbedürfnisse angeht.

Naja, und dann gibt es da noch das SpOn-Leserforum. Das ist ja eher eine Mischung aus 4chan und Heise-Kommentaren, auf jeden Fall immer wieder erheiternd. Meine Güte. Wenn man dort die Kommentare so liest, dann muss es in Deutschland ja Landstriche geben, in denen alle 10 Meter ein betrunkener Radfahrer auf der Straße liegt und jeder zweite Fußgänger von Amokradlern umgefahren wird. So viele Grabenkämpfe und Unwissen, man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll.

 

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/innenminister-wollen-promillegrenze-fuer-radfahrer-senken-a-900921.html

9 Comments

  1. Max says:

    Und ich bin immer noch für 0,0 egal welches Fahrzeug. Dann muss sich (fast) niemand ungerecht behandelt fühlen.
    Grundsätzliche Bestrafungen für jeden Verkehrsteilnehmer (Bussgelder, Punkte) bei fahrlässigen Gefährdungen unter Alkoholeinfluss bleiben davon natürlich unberührt.
    Wobei hier eben bei Fußgängern individuell entschieden werden muss.

    • erlehmann says:

      Und ich bin immer noch für 0,0 egal welches Fahrzeug. Dann muss sich (fast) niemand ungerecht behandelt fühlen.

      Also ich hätte lieber eine Welt, in der es etwas weniger schlimme Unfälle gibt, aber mehr Leute etwas unzufriedener sind.

    • dridde says:

      Hm, ein Bier oder Radler für motorisierte Verkehrsteilnehmer halte ich persönlich für okay. Zumal man ja auch unbemerkt Alkohol zu sich nehmen kann. Auf’m Rad finde ich auch zwei, drei Bier noch okay. Sternhagelvoll ist natürlich was ganz anderes. Aber auch für Fußgänger 0,0 zu fordern ist irgendwie realitätsfern. Zumal sowohl Taxen als auch Öffis die Beförderung von alkoholisierten Personen ablehnen dürfen.

      • Max says:

        Wo habe ich für Fußgänger 0,0 gefordert? Es ging darum, dass man ja auch als Fußgänger bestraft werden kann und auch jetzt schon wird, um nichts anderes.

        Alkoholisiert am Verkehr teilzunehmen ist unverantwortlich. Ein feste Grenze ist medizinisch Unsinn, da der eine mit 1,0 breit ist, der ‘Geübte’ aber nicht. Fair wäre also zumindest für die Fahrzeugführung 0,0. Logisch, dass man es für Fußgänger nicht so machen kann oder soll und es dann im Einzelfall entschieden werden muss.

        Überall liest man was von ‘bewusst konsumieren’, aber das hilft ja scheinbar auch nicht.

        @erlehmann:
        Was heißt unzufrieden? Ist man nur zufrieden wenn man Alkohol konsumiert oder verstehe ich das falsch?

        Naja, aber Promillegrenzen sind ein genauso tolles Thema wie Geschwindigkeitsbegrenzungen, funktioniert alles nicht in Deutschland. ;)

        • dridde says:

          Oh I see, sorry. Ich hab die “Verkehrsteilnehmer” Gedanklich irgendwie in deinen ersten Satz eingebastelt. Und die schließen ja Fußgänger auch mit ein.
          Einzelfallentscheidungen oder Ermessensspielräume sind aber auch wieder nicht wirklich prickelnd, das öffnet Willkür und Schikane Tür und Tor.

  2. erlehmann says:

    Wenn nun die Grenze sinkt und die Strafen sich denen für’s betrunken Auto fahren angleichen, dann wird sich die Zahl der Trunkenheitsfahrten mit Autos wieder erhöhen.

    Klingt plausibel (vor Allem aufgrund des Strafmaßes) – aber welche Belege kennst du dafür, dass es wahrscheinlich ist?

    • dridde says:

      Weil du im Auto auch ab 1,1‰ als Fahruntüchtig giltst, also das quasi die Angleichung wäre. Das Strafmaß, die Punkte und die Kohle, nimmt sich heute schon nix, nur, dass es beim Rad erst bei 1,6‰ ansteht, nicht bei 1,1‰ (0,5‰-1,1‰ im Auto ist ne Ordnungswidrigkeit, ab 1,1‰ ist es eine Straftat, d.h. Führerscheinentzug ab zur MPU etc. Auf dem Rad gibt es das bisher halt erst bei 1,6‰).
      Und ein Beleg… den gibt es natürlich noch nicht, weil afaik noch keine konkreten Ergebnisse der IMK veröffentlicht wurden. Aber wenn selbst der ADFC sich für 1,1‰ ausspricht, gäbe es da also keinen Gegenwind von dem bisschen Lobby, die die Radfahrer haben. Und härter als mit einem Auto wäre sicher auch nicht öffentlich vermittelbar.

      • erlehmann says:

        Wie ist das eigentlich mit Führerschein, MPU usw. wenn man gar keinen Führerschein hat und auf dem Fahrrad trinkt? Gibt es so etwas wie ein Fahrradverbot?

        • dridde says:

          Ja, es kann ein (Fahrrad)Fahrverbot angeordnet werden. Ggf. gilt das so lange, bis du eine bestandene MPU vorweisen kannst. Ist natürlich die Frage, wie genau das kontrolliert wird.

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