dridde bloggt. manchmal.

Die schwarze Wanderbaustelle

Damit hier mal regelmäßig etwas Inhalt kommt, fange ich mal eine neue Serie an.

Die schwarze Wanderbaustelle. Eine Leidensgeschichte um ein Motorrad in vielen Akten.

Vergangenes Jahr im Sommer hatte ich ein Problem. Wir planten eine Motorradtour und alles war schon vorbereitet und abgesprochen, aber mein Motorrad war kaputt und würde es laut dem Mensch mit den Ersatzteilen, in diesem Fall ohne Ersatzteile, auch noch eine Weile bleiben. Einfach so Ersatzteile bestellen geht bei einem 50 Jahre alten Oldtimer nur begrenzt, der Gebrauchtmarkt im Internet hatte nix.

Was nun tun? Nachdem ich eigentlich eh eine XT500 besorgen und aufbauen wollte, habe ich kurzentschlossen auf eBay eine 1988er Yamaha XT600Z Ténéré geschossen. Die stand wohl schon ne Weile drin und war verdächtig günstig, aber lag mit ~750€ im Budget, hatte TÜV und war fahrtauglich. Da sie irgendwo bei Darmstadt stand, war der Plan sie auf dem Hinweg nach Kroatien einzusammeln. Eine kurze Probefahrt und kurzem optischen Check später habe ich das Ding dann gekauft und damit auch einen schönen Urlaub verbracht. Einmal hingehauen habe ich mich auch; der gelegentliche enge Kontakt zum Straßenbelag gehört wohl zum Endurofahren, habe ich mir sagen lassen.

Ursprünglich sollte sie nur den Urlaub über halten und mich danach wieder verlassen, aber wie das halt so ist, mag man sich dann hinterher nicht wieder trennen und ist gewillt unklug viel Kohle in ein altes Motorrad zu versenken. Nachdem ich die XT nun fast ein Jahr habe, kann ich nur sagen (einer) der Vorbesitzer, meines Wissens waren es zwei, war ein unglaublicher Idiot. Und der Vorbesitzer hat mir einige Sachen wohl nicht erzählt. Ich bin selbst zwar nicht mit 2 linken Händen ausgestattet und habe durch die ES und die XT inzwischen durchaus etwas Schraubererfahrung, traue mir aber trotzdem nicht zu alles (alleine) zu machen. Irgendjemand hat aber schon ziemlich viel an der Maschine verbockt.

Alkohol am Lenker…

Spiegel Online berichtet gerade von der Innenministerkonferenz, dort wird vorgeschlagen, die “Promillegrenze” für Radfahrer von derzeit 1,6‰ zu senken. Auf konkrete Zahlen wollte sich dabei scheinbar niemand festlegen. Es wird argumentiert, dass nach ADFC-Angaben im Jahr 2011 genau 3725 Radfahrer unter Alkoholeinfluss verunfallt sind. Das sind knapp 5% aller Unfälle. Wobei zumindest die im Artikel genannte Aufstellung keine Aussage zu den Verursachern oder der Alkoholmenge zulässt. Wenn ein verkehrsgefährdendes Verhalten vorliegt gilt für Radfahrer aktuell auch schon die für Autofahrer gültige Grenze von 0,3‰.

In der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung findet man etwas mehr Zahlenwerk. Das reicht zwar nur bis 2010, aber da erfährt man z.B. dass die Zahl der verunglückten Radfahrer und auch der tödlich Verunglückten zuletzte leicht zurückging und dass nur in etwas mehr als 1/3 der Fälle der Radfahrer der Verursacher ist.
Auf Seite 10 wird es dann interessant, denn da kommen ein paar Zahlen zu Eintragungen ins Verkehrszentralregister. Im Jahr 2011 gab es 40623 Eintragungen, von denen 9229 etwas mit Drogen oder Alkohol zu tun hatten. Das heißt im Falle von Alkohol, jemand wurde mit mehr als 1,6‰ oder 0,3‰ und Unfallbeteiligung von der Polizei gestoppt. Rotlichtverstöße aller Art von Radfahren kommen dabei summiert auf 28309 Eintragungen. (hui, zwei davon sind von mir). Betrunkene Radfahrer scheinen also ein ernstes Massenphänomen zu sein, bei dem unbedingt Handlungsbedarf besteht.

Gut, jeder verunglückte Verkehrsteilnehmer ist einer zu viel, aber im Prinzip kann man eigentlich sagen, jeder Betrunkene, der nicht Auto fährt ist schon einmal ein Gewinn. Sicher gefährdet ein Betrunkener auf dem Rad sich selbst und auch andere, aber ab einem gewissen Promillewert hat sich das mit dem Rad fahren eh von allein erledigt, er ist langsamer und hat weniger kinetische Energie bei Kollisionen. Wenn nun die Grenze sinkt und die Strafen sich denen für’s betrunken Auto fahren angleichen, dann wird sich die Zahl der Trunkenheitsfahrten mit Autos wieder erhöhen. Ist viel bequemer, man kann nicht umfallen und muss sich nicht anstrengen und wenn einen dabei eine ähnliche Strafe wie auf dem Rad erwartet… Der ADFC schlägt 1,1‰ als neuen Grenzwert vor, das wäre noch deutlich mehr als mit dem Auto, aber im Zweifel sollte man dann doch das Taxi oder die Öffis nehmen. Da könnte ich mit leben, aber ich bin auch aus dem gröbsten raus, was Besaufbedürfnisse angeht.

Naja, und dann gibt es da noch das SpOn-Leserforum. Das ist ja eher eine Mischung aus 4chan und Heise-Kommentaren, auf jeden Fall immer wieder erheiternd. Meine Güte. Wenn man dort die Kommentare so liest, dann muss es in Deutschland ja Landstriche geben, in denen alle 10 Meter ein betrunkener Radfahrer auf der Straße liegt und jeder zweite Fußgänger von Amokradlern umgefahren wird. So viele Grabenkämpfe und Unwissen, man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll.

 

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/innenminister-wollen-promillegrenze-fuer-radfahrer-senken-a-900921.html

Rimini Protokoll: 50 Aktenkilometer via Radio Aporee

Nachdem dieser Blogpost schon seit gut 7 Monaten unfertig hier herumliegt stand ich vor der Entscheidung, weiter schreiben, ihn veröffentlichen wie er ist oder einfach löschen. Da ich gerade bei meinen Eltern sitze und es hier neuerdings WLAN gibt, ich also nicht mehr via GPRS Internetfetzen konsumieren muss, kann ich noch ein paar Sachen ändern und ihn dann einfach raushauen. Allzu detailliert und fertig ist es nicht, aber vielleicht interessant genug für einige.

Also, Rimini Protokol: 50 Aktenkilometer.

Rimini Protokoll ist erst einmal das Projekt dreier verschiedener Künstler, die Theaterstücke, Hörspiele und noch einiges andere machen. 2011 haben sie in zusammenarbeit mit Deutschlandradio ein Hörspiel produziert, das man sich in Berlin Mitte quasi erlaufen musste. Im Mai und Juni 2011 konnte man sich nachmittags  Geräte ausleihen, mit denen man durch Mitte laufen konnte und abhängig von Position entweder ein “Grundrauschen” oder ein kurzes Hörstück, Obervationsberichte aus Stasiakten oder Zeitzeugenberichte zu hören bekam. In der kurzen Zeit konnte man nicht wirklich alles schaffen, außerdem hatte ich durch die Arbeit auch keine Chance, das damals wirklich mitzumachen. Sie empfahlen damals eine Laufzeit von 2-4 Stunden, Audiomaterial gibt es für ca 22 Stunden.

Umso mehr freute ich mich, als nach Ende des Projekts nicht einfach alles in irgendeinem Archiv verschwand. Mit der Android App Radio Aporee kann man die Tour auch heute machen, ein Smartphone und im Idealfall Kopfhörer genügen. Das Smartphone zeigt eine Karte und an Stellen, für die es ein Audiofragment gibt, ist eine Markierung. Geht man in den entsprechenden Bereich, wird das Fragment abgespielt. Dabei haben die meisten Fragmente einen Bezug zu der Umgebung, in der man sie hört. Falls man keinen ausreichenden Datentarif hat, oder einfach nicht unterwegs die insgesamt rund 700MB an mp3 Dateien ziehen möchte, kann die App sie vorher runterladen und auf dem Telefonspeicher ablegen.

Ich habe mir die App im Herbst 2011 auf meinem Milestone installiert und habe mit einer Freundin angefangen, einige Punkte am und um den Alex abgelaufen. Zu zweit ist das nicht sonderlich bequem, da der Lautsprecher zu leise war und wir uns so ein Headset teilten. Es war manchmal ein wenig nervig, an der exakten Stelle stehen beleiben zu müssen, um das Stück komplett zu hören. Auch sollte man erwähnen, dass das ganze ein ziemlicher Akkukiller ist, da die ganze Zeit das GPS aktiviert sein muss und man das Display nicht ausschalten darf. Dann stoppt die App nämlich mit der Wiedergabe. Wir waren etwa 3 Stunden unterwegs und schafften ein paar Punkte, aber nicht einmal ein zwanzigstel der Punkte. Dann waren wir müde und das Handyakku auch schon recht leer. Einige Punkte überschneiden sich auch, so dass die App manchmal zwischen den Fragmenten wechselte.
Im Februar, März und April 2012 zog ich dann noch einmal selbst los und lief oder fuhr mit dem Fahrrad fast alle Punkte ab.

Wem das zu stressig ist, der kann auf der Radio Aporee Seite die einzelnen Fragmente auch auf der Karte anklicken und anhören, ganz ohne Laufen. Meiner Meinung nach lohnt es sich auf jeden Fall, selbst wenn man alle Dateien via App herunterlädt und sie der Reihe nach anhört. Einige Fragmente sind beklemmend, bei anderen könnte man fast drüber lachen, wenn keine Schicksale dran hängen würden.